14 21/2017 Die Kernfrage, die Scheurer beantworten muss: Wie vital ist der Baum noch? Oder anders: Lohnt es sich, die Bäume über die Bauzeit hinweg zu erhalten, und was muss für deren Schutz getan werden? Gelernt hat Scheurer sein Handwerk an der Hochschule Göttingen. Dort machte er im noch jungen Studiengang seinen Bachelor in Arboristik, also Baumkunde sozusagen. Nur gerade 15 bis 20 Personen schliessen den Studiengang jährlich ab. Grundsätzlich könne man sagen, dass es eher die jüngeren Bäume sind, die heutzutage Probleme machen. Das hätte vor allem mit dem Standort zu tun: zu wenig Platz oder das wie- derkehrende Aufreissen und Zuschütten der Böden in urbanen Zonen. Pilzkrankheiten profitierten davon, und sie seien es dann auch, die den Bäumen am meisten schaden würden. Ein sinnvolles Mittel dagegen soll eine Firma aus St. Gallen entwickelt haben. Kampf gegen Pilze Francis Schwarze ist Leiter der Fachgruppe Bio-engineered Wood der Abteilung Angewandte Holzforschung bei der EMPA in St. Gallen. Seit 25 Jahren erforscht der Professor Holz, Bäu- me und Pilze; seit 14 Jahren setzt er Schädlinge als Nützlinge ein, um Holz zu modifizieren. So bringt er beispielsweise neu gebaute Geigen dazu, wie eine Stradivari zu klingen. Dazu setzt er den Pilz Physisporinus vitreus ein. Dieser baut im Holz gewisse Strukturen ab, was die Klangeigenschaft verändert. Mit dem EMPA-Spin-Off-Unternehmen Mycosolutions bie- tet er nun massgeschneiderte Lösungen für lebendes Holz an. Von Pilzen befallene Bäume sollen auf umweltfreundliche Weise davon befreit werden. Und wo heute Chrom-Kupfer- Bor als Imprägnierung für Holzmasten eingesetzt wird, sollen zukünftig Antagonisten – also natürliche Gegenspieler – hel- fen, mit weniger umweltschädlichen Imprägnierungen die Standdauer von Holzmasten zu verlängern. Der natürliche Gegenspielerpilz muss jeweils zuerst gefunden werden. «Wenn man die Schaderreger kennt, kann man den passenden Ant- agonisten finden», sagt Schwarze. Dies geschieht bei Myco- solutions im Labor. Der Kunde schickt Pilzfruchtkörper, um genau bestimmen zu können, um welchen Pilz es sich handelt. In sogenannten Dualkulturtests in Petrischalen treten die Holzzersetzer gegen verschiedene Trichoderma-Stämme an. So wird eruiert, welcher Stamm das höchste antagonistische Po- tenzial hat, also am besten gegen den Schaderreger «kämpft». Danach wird das Produkt hergestellt und kann auf dem Boden ausgebracht werden. Wenn bereits bei einer Pflanzung ein Infektionsdruck im Boden besteht, kann das Granulat auch gleich in die Pflanzgrube gegeben werden. Das Wurzelwachs- tum wird damit auch vorangetrieben. «Wir sprechen hier nicht von einer einmaligen Behandlung. Es kommt immer auf den Infektionsdruck im Boden an», meint Schwarze. Hinweis | Wobei Pilze von Francis Schwarze sonst noch helfen können, lesen Sie auf Seite 18. Wie ein Kampf zwischen einen Schad erreger und einem Trichoderma-Antagonisten bei Mycosolutions in einer Petrischale aussieht, sehen Sie in einem Fast-Forward-Video auf unserer Internetseite: www.gplus.ch. Weitere Informationen zum Thema www.murer-baumpflege.ch www.vitalitree.ch www.mycosolutions.swiss Video «Wenn man die Schaderreger kennt, kann man den passenden Antagonisten finden», sagt Pilzexperte Francis Schwarze.