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Nachwuchs sorgt für mehr Artenvielfalt

Der Erhalt der Biodiversität ist ein hochaktuelles Thema und stand auch im Mittelpunkt des ersten Netzwerktages im Bildungszentrum Gärtner JardinSuisse Zürich in Pfäffikon. Die ersten Absolventen des Lehrgangs «Fachperson Biodiversität» stellten dabei die Projekte ihrer Praxisarbeit vor. Silvia Fischer konnte als erster Teilnehmerin des Lehrgangs «Fachperson Biodiversität» das Zertifikat überreicht werden.

 
 
Am ersten Netzwerktag konnten auch die ersten Absolventen des Pflichtmoduls «Green-Power-Days», Forian Lehmann (v.l.), Barbara Willi, Silvia Fischer und Remo Dietsche, ihre Zertifikate in Empfang nehmen. Foto: Claudia Bertoldi
Am ersten Netzwerktag konnten auch die ersten Absolventen des Pflichtmoduls «Green-Power-Days», Forian Lehmann (v.l.), Barbara Willi, Silvia Fischer und Remo Dietsche, ihre Zertifikate in Empfang nehmen. Foto: Claudia Bertoldi

Über Biodiversität wird viel geschrieben und gesprochen, wird aber vor allem in der Grünen Branche aktiv aufgenommen. Der Rückgang der Artenvielfalt und die Zerstörung der Ökosysteme schreitet voran, auch in der Schweiz. Rund die Hälfte der Lebensräume und ein Drittel der Arten sind bedroht. Mit dem 2017 verabschiedeten Aktionsplan Biodiversität sah der Bundesrat Massnahmen sowie Pilotprojekte vor, die bis
2023 zusammen mit Partnern innerhalb der Bundesverwaltung, mit Kantonen, Gemeinden und Dritten umgesetzt werden müssen.

Am besten wird dort angesetzt, wo man konkret etwas erreichen kann: Gärtner und
Landschaftsbauer können entscheidend zum Erhalt der Artenvielfalt und Biodiversität beitragen. Voraussetzung sind profunde Kenntnisse, die im Lehrgang «Fachperson Biodiversität» erworben werden können. Die zukunftsorientierte Weiterbildung generiert Fachpersonen, die in der Lage sind, Ökosysteme zu erfassen und zu bewerten sowie Grünräume als Lebensräume mit Bezug auf Biodiversität und Klimaresilienz zu gestalten und zu pflegen. Sie beraten und unterstützen Private, Unternehmen und die öffentliche Hand bei der nutzenorientierten, funktionalen und ästhetischen Umsetzung von Projekten zur bedürfnisorientierten Biodiversitätsförderung in verschiedenen Lebensräumen.

Der Lehrgang besteht aus den Pflichtmodulen «Bodenpflege, Pflanzenschutz, Pflege und Ernährung der Pflanzen» und «Unterhalt naturnaher Lebensräume im Siedlungsraum» sowie dem Vernetzungs- und Qualifikationsmodul «Green-Power-Days». Zudem muss mindestens ein Vertiefungsmodul zu den Themen Gebäude-, Fassadenund Terrassenbegrünung, Revitalisierung von Fliessgewässern und Flachwasserzonen, Permakultur im Gartenbau, Baumkontrolle und Obstbaumschnitt, Obstbaumschnitt und Nutzgartensysteme, Trockensteinmauern und Kleinstrukturen gewählt werden. Die ersten Fachleute konnten am Netzwerktag ihre Praxis-Projekte des Qualifikationsmoduls «Green-Power-Days» präsentieren.

Silvia Fischer ist die erste erfolgreiche Absolventin des Lehrgangs «Fachperson Biodiversität», zu dessen Ausbildung auch die «Green-Power-Days» zählen. n-Power-Days» zählen. Foto: Petra Hausch
Silvia Fischer ist die erste erfolgreiche Absolventin des Lehrgangs «Fachperson Biodiversität», zu dessen Ausbildung auch die «Green-Power-Days» zählen. n-Power-Days» zählen. Foto: Petra Hausch

Allererstes Zertifikat für Silvia Fischer

«Das Ziel der Weiterbildung ist, Personen zu befähigen, lebenswerte Räume zu schaffen und ihr Wissen und Können auch weiterzuvermitteln», erläutert Petra Hausch, verantwortliche Kommunikation bei JardinSuisse des Kantons Zürich. Die Weiterbildung verlangt den Teilnehmenden neben ihrer Berufstätigkeit viel Einsatz ab. Bei den selbstgewählten Projekten konnten sie die neu erlernten Theoriekenntnisse sofort in die Praxis umsetzen.

Silvia Fischer ist die erste Absolventin, die alle nötigen Module besucht und Kompetenznachweise erfolgreich abgeschlossen hat, um den Titel «Fachperson Biodiversität» tragen zu können. Sie hatte als Projekt eine Liegenschaft gewählt, die vom Besitzer 2015 erworben worden war. Der Garten befand sich in einem vernachlässigten Zustand, da bereits vom Vorbesitzer nur das Nötigste zur Nutzung unternommen worden war. Ihre Aufgabe war, das Potenzial des Gartens zu ermitteln und aus den erworbenen Erkenntnissen Vorschläge zur Aufwertung zu erarbeiten und sie in die
Praxis umzusetzen.

Sie schlug vor, einen verwilderten Wildheckenteil unter anderem mit Asthaufen zu ergänzen und zur Wiese hin einen Krautsaum stehen zu lassen. Auf diese Weise kann zusätzlicher Lebensraum für Insekten und Kleintiere geschaffen und die Biodiversität erhöht werden. Für die momentan regelmässig und auf der gesamten Fläche geschnittene Wiese wird vorgeschlagen, einige Bereiche zu definieren, wo der Schnitt auf zwei- bis dreimal pro Jahr reduziert wird. Vor dem Haus soll ein neuer Gartenteil inklusive kleinem Sitzplatz angelegt werden, der mit einem überwachsenen Pavillon ergänzt
wird. Der neue Gartenteil wird als Ruderalfläche angelegt. Auf dem mageren Boden gedeihen andere Pflanzenarten als auf dem nährstoffreichen Boden des sonstigen Geländes. Dies ermöglicht ein ideales Klima für möglichst viele Insekten. Die Gartenanlage wird mit weiteren Kleinstrukturen ergänzt.

Artenreichtum und Nutzbarkeit

Claudia Schuppissers landschaftsgärtnerisches Projekt liegt in Zürich-Wollishofen. Der bereits bewilligte Neubau eines Mehrfamilienhauses sah auch die Gestaltung der Aussenbereiche vor, wobei seitens der Bauleitung die Umsetzung der geplanten Bepflanzung als Nebensache abgetan wurde. «Im sehr grünen Quartier sollte bei der Neugestaltung der Aussenanlagen laut den Vorgaben von Grün Stadt Zürich auf eine grosse Biodiversität und Anzahl von einheimischen Pflanzen geachtet werden. Die Nutzbarkeit für die Bewohner wurde beim Projekt aber vergessen», erläutert Schuppisser. Alle Rasenflächen vor den Terrassen waren so dicht bepflanzt, dass lediglich der Weg ums Gebäude begehbar war. Aus diesem Grund wurde das Projekt von ihr daraufhin geändert, dass Gehölze im Bereich der Sitzflächen entfernt wurden. Eine dritte
Variante ist noch «luftiger». Hier wurden nur Pflanzeninseln mit grösseren Bäumen
als Schattenspender vorgesehen. Staudenpflanzungen zur Strasse sorgen für mehr Privatsphäre. «Durch die Green-Power-Days ist mir bewusstgeworden, dass nicht nur die Anlage selbst, sondern auch die weitere Instandhaltung und Nutzung wichtig sind. Es macht keinen Sinn, allein auf Biodiversität zu achten, man muss sie mit der Nutzbarkeit in Einklang bringen», sagt sie. Die einfachste Variante habe den grössten Nutzen für alle und sei pflegeleicht. Dadurch erziele man Akzeptanz bei den Bewohnern.

Einfache Lösung gesucht

Den elterlichen Garten in Uerikon hatte sich Remo Dietsche als Aufwertungsobjekt ausgesucht. Er ist in Richtung Süden exponiert und wird durch Gleisanlagen und eine landwirtschaftlich genutzte Fläche begrenzt. Ein kleiner, von Wildhecken und Bäumen
eingefasste Bachlauf durchfliesst das Gelände hinter dem Haus. «Der vordere Bereich
war von mir bereits 2020 umgestaltet worden, jetzt ging es darum, den sehr monotonen hinteren Bereich als Naturgarten zu gestalten», berichtet Dietsche.

Florian Lehmann erläutert sein Projekt zur Umgestaltung eines Vorgartens mit Natursteinmauer im Eigenheimquartier Oberhöri, Bülach. Foto: Petra Hausch
Florian Lehmann erläutert sein Projekt zur Umgestaltung eines Vorgartens mit Natursteinmauer im Eigenheimquartier Oberhöri, Bülach. Foto: Petra Hausch

Der bestehende Rasen wies bereits einen hohen Blumenanteil auf, wurde bisher aber
monatlich gemäht. Um die Bedingungen für Flora und Fauna zu optimieren, wurden Ideen gesammelt: das Gelände in mehrere Flächen unterteilen, Ruderalflächen anlegen, den Aufgang mit Kletterpflanzen begrünen sowie den vor 15 Jahren angelegten Bahndamm mit einer Wildhecke bepflanzen.

In der Nähe des Grundstücks liegt das Naturschutzgebiet Pfannenstil. Deshalb kontaktierte Remo Dietsche die Verantwortlichen vom Naturnetz Pfannenstil, um die Neugestaltung möglichst mit dem Gebiet in Einklang zu bringen. Die Absicht war, die Fläche und die förderbare Fauna der angrenzenden Gärten zu optimieren.

Neben dem bereits am Bahndamm vorhandenen Krautsaum mit Spierstauden und Brennnesseln, die unter anderem Lebensraum des Violetten Silberfalters und der Raupen des Tagpfauenauges sind, sollen jetzt weitere Spierstauden und Flockenblumen hinzukommen. Sie werden zusätzliche Nahrungsquellen bieten. Zudem sind weitere Gehölzpflanzungen an der Böschung geplant, die sich im Laufe der Zeit zu einer Wildhecke schliessen sollen. Die einheimischen Pflanzenarten bieten Nahrungsquelle und Nistmöglichkeiten.

Auch andere Tiere sollen sich im Garten wohlfühlen. «Entlang des Hauses wird eine Ruderalfläche mit verschiedenen Kleinstrukturen entstehen wie eine zwei Quadratmeter grosse Sandlinse, in deren Sand sich Wildbienen und Ameisenlöwen wohlfühlen. Den speziellen Sand habe ich in der Sandgrube Stäfa gefunden», erläutert Dietsche.
Für eine weitere Sandlinse wird bis zu einem Meter tief gegraben. Das Verfüllmaterial
besteht auch aus Steinen der Korngrösse 20 bis 40 Zentimeter. Die so entstehenden
Hohlräume sind das ideale Winterquartier für Reptilien oder Amphibien. Zudem trägt
Dietsche nach und nach Holz oder andere Materialien zusammen, die beim Rückbau
oder bei Arbeiten übrigbleiben. Aufgeschichtet ergeben sie einen perfekten Unterschlupf für Insekten, über Asthaufen freut sich der Igel, der schon im Garten unterwegs ist.

Der Rasen ist mager, weisst aber dennoch Blühpflanzen auf. Um ihn aufzuwerten, wird eine Initialbepflanzung ausgeführt. Diese kann sich ausbreiten und wertet den Rasen auf. Der Rasenschnitt wird auf ein Minimum begrenzt. Blumeninseln sollten stehengelassen und der Schnitt erst nach dem Aussamen durchgeführt werden.

Die Baumpflegespezialistin Barbara Willi durfte das Projekt einer Gartenneugestaltung umsetzen. Hier war vor allem viel Biodiversität erwünscht. Foto: Petra Hausch
Die Baumpflegespezialistin Barbara Willi durfte das Projekt einer Gartenneugestaltung umsetzen. Hier war vor allem viel Biodiversität erwünscht. Foto: Petra Hausch

Privates und Öffentliches

Einen 800 Quadratmeter grossen Privatgarten durfte die gelernte Baumschulgärtnerin Barbara Willi neugestalten. Nach einem Besitzerwechsel wird nur ein kleiner Teil des Grundstücks selbst gepflegt, für den Rest wurde viel Biodiversität gewünscht. Die zugewachsenen Ruderalflächen wurden grosszügig ausgelichtet, Sträucher und
Bäume zurückgeschnitten und abgeholzt, das Material als Rückzugsgebiete für Kleinlebewesen eingesetzt. Es entstanden klar abgegrenzte Bereiche mit Sichtschutz- und Schattenzonen, wo sich die Flora entfalten und der Artenreichtum wachsen kann.

In einem Eigenheimquartier liegt der Vorgarten, wo Florian Lehmann eine alte Betonsteinmauer neugestaltet hat. «Es war ein schreckliches Projekt vorgesehen. Um die alte Mauer umzubauen, sollten eine Wiese zerstört sowie ein Apfelbaum und Sträucher entfernt werden. Danach sollte der Vorgarten ein ähnliches Aussehen erhalten wie zuvor», berichtet er. «Man muss den Kunden mitnehmen und begeistern, dabei auch Nein sagen, wenn die Ideen nicht optimal oder nicht realisierbar sind.» Und so blieben die alte Mauer und die Wiese bestehen. Der Mauer wurde eine geschwungene Natursteinmauer vorgesetzt, die von Flora und Fauna besiedelt werden kann. Die Giesswasserversorgung wird durch abgeleitetes Regenwasser der grossen Dachflächen gewährleistet, das in einem neuen, unterirdischen Behälter gesammelt wird.

Tahar Bader arbeitet bei Grün Stadt Zürich. Sein Projekt befasste sich mit der Umgestaltung einer Grünfläche des Kasernenareals, das im Juli geräumt wurde. Bei der Zustandserfassung wurden geringe Artenvielfalt, wenig Rückzugsgebiete für die Faunistik, dichte, verwilderte Strauchkörper und unnatürliche Wuchsformen im Kastanienhain festgestellt. Mittels Streifensaat soll eine artenreiche Blumenwiese entstehen. Zudem wird ein Ruderalfläche mit Bienensand, Totholzelementen und angrenzenden Bepflanzungen für Insekten, Amphibien und Reptilien angelegt. Neue Bäume sorgen für Schatten auf der Liegewiese, Sträucher als Nahrungsquelle und Rückzugsort für Vögel. Zusätzlich sollen Brutkästen und Insektenhotels aufgehängt werden. Es soll ein Ort entstehen, welcher der Bevölkerung offensteht und gleichzeitig mehr Biodiversität für Flora und Fauna zulässt.


Text: Claudia Bertoldi

Tahar Bader arbeitet bei Grün Stadt Zürich und beschäftigte sich mit der Neugestaltung der Freiflächen des ehemaligen Kaserneareals in Zürich. Foto: Petra Hausch
Tahar Bader arbeitet bei Grün Stadt Zürich und beschäftigte sich mit der Neugestaltung der Freiflächen des ehemaligen Kaserneareals in Zürich. Foto: Petra Hausch

Kurznachrichten

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7. Mai

Freimitglied Hansruedi Linder

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3612 Steffisburg

zum 90.Geburtstag


28. Mai 2024

Andreas Graf
Schönburgstrasse 48
3013 Bern

zum 70. Geburtstag


Wir trauern um


Mitglied Jacques Hug-Aerne 

Chännelstrasse 5
8157 Dielsdorf 

gestorben am 7. Mai 2024 

im Alter von 83 Jahren.




Der Unternehmerverband Gärtner Schweiz JardinSuisse spricht den Angehörigen seine aufrichtige Anteilnahme aus.

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