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Tessiner Gärtner mit grossem Wissendurst

Mit «G on tour» organisiert der Fachbereich Garten- und Landschaftsbau von JardinSuisse im Zweijahrestakt Vorträge zu aktuellen Themen. Nach Veranstaltungen in der Deutschschweiz sowie in Chexbres in der Westschweiz endete die Vortragsreihe mit vier Referaten in Sant’Antonino im Tessin. g’plus war mit auf Tour.

 
 
Stephanie Rauer gab Auskunft über Prinzipien der Permakultur und zeigte anhand umgesetzter Projekte, wie und wo die nachhaltige Anbaumethode verwirklicht werden kann. (Foto: Daniel Röllin)
Stephanie Rauer gab Auskunft über Prinzipien der Permakultur und zeigte anhand umgesetzter Projekte, wie und wo die nachhaltige Anbaumethode verwirklicht werden kann. (Foto: Daniel Röllin)


Die Themen der diesjährigen Tour waren genauso vielfältig, wie es der Garten- und Landschaftsbau ist. Gestartet wurde mit einem Vortrag der diplomierten Permakultur-Designerin Stephanie Rauer. Cristina Marazzi, Mitarbeiterin des kantonalen Pflanzenschutzdienstes, gab anschliessend Auskunft zum Befall mit dem Problemschädling Japankäfer im Kanton Tessin. Zwei technische Themen, die Gebäudebegrünung sowie der Einsatz von Holzwolle im Garten- und Landschaftsbau, rundeten das Programm ab.

Nach Stationen als Journalistin und Filmemacherin in Afrika, Amerika und Europa lebt Stephanie Rauer seit 2006 im Tessin. Schon bald hinterfragt die gebürtige Deutsche ihre Lebensweise, besonders aber die Abhängigkeit von Wirtschaft und Handel bei der Versorgung mit Lebensmitteln. «Innerhalb weniger Generationen haben wir die praktischen Kenntnisse verloren, uns mit den nötigen Nahrungsmitteln nachhaltig selber zu versorgen. Deshalb suchte ich nach praktikablen, alltagstauglichen Alternativen», berichtet sie. 

Inzwischen ist Stephanie Rauer Expertin auf dem Gebiet der Permakultur. Seit 2013 nutzt sie die nachhaltigen Prinzipien nicht nur privat, sondern bemüht sich, sie bekannter zu machen. 2017 war sie Gründungsmitglied des Vereins Permacultura Svizzera italiana (PermaSi), der Kurse zum Thema Permakultur anbietet, 2019 erhielt sie in Luzern die Akkreditierung als erste Permakultur-Designerin der italienischsprachigen Schweiz. Viele Projekte hat sie bisher betreut und umgesetzt.

«In der Natur wächst nichts nach Norm»

«In unserer Gesellschaft ist alles geordnet und gerade, auch wenn es in der Natur ganz anders aussieht. Dort wächst nichts von allein nach Norm. Wir betreiben viel Aufwand, um Ordnung in unsere Gärten und die Landwirtschaft zu bringen und zu erhalten. Dabei entziehen wir der Erde und den Pflanzen viel Energie. Das beeinträchtigt nicht nur die Zyklen des natürlichen Wachstums, sondern macht die Pflanzen auch anfälliger gegen Störungen», so Rauer. 

«Permakultur ist die Philosophie der Arbeit mit der Natur und nicht gegen sie. Es ist nichts Neues; alle Lösungen existieren bereits. Sie beruhen auf der Beobachtung der Natur, deren Studium und der Erkenntnis, dass alles miteinander verbunden ist. Aufschluss geben auch die Techniken der noch bestehenden Naturvölker, die sich in ihrer Anbauweise an die natürliche Umgebung angepasst haben.»

Gruppenarbeit der Teilnehmer zum Thema Permakultur. (Foto: cb(
Gruppenarbeit der Teilnehmer zum Thema Permakultur. (Foto: cb(

Das Wort Permakultur stammt vom englischen Begriff «permanent (agri)culture» ab und bedeutet «dauerhafte Landwirtschaft» oder «dauerhafte Kultivierung». Das nachhaltige Konzept des immerwährenden Anbaus wurde in den 1970er-Jahren vom Australier Bill Mollison gemeinsam mit David Holmgren entworfen. Mit so wenig Aufwand wie möglich werden Lebensräume geschaffen, in denen Pflanzen, Tiere und Menschen harmonisch und in Kooperation zusammenleben. «Die Gestaltungsprinzipien der Permakultur können helfen, ökologisch wertvolle, ertragreiche Lebensräume zu schaffen. In Europa wird Permakultur in privaten Hausgärten ebenso wie auf mittelgrossen Bauernhöfen praktiziert.


Zunehmende Anhängerschaft

Der Verein Permakultur Schweiz zählt inzwischen rund 800 Mitglieder. Im Tessin besteht seit 2013 eine Gruppe, die bereits eine Vielzahl von Projekten verwirklichen konnte. Aus dieser Gruppe ging 2017 der Verein Permacultura Svizzera italiana (PermaSi) hervor, der auch Kurse und Weiterbildung anbietet. Dabei stehen die bereits verwirklichten Projekte als Praxisbeispiele im Mittelpunkt.

«Wir wollen erreichen, dass ohne grossen Aufwand und Bewässerung sowie mit geringer Bodenbearbeitung ein möglichst grosser Ertrag erzielt wird», sagt Stephanie Rauer. So konnte sie in einem Garten mit zuvor grossen monotonen Rasenflächen nach der Umgestaltung die Artenvielfalt entscheidend erhöhen. Mehr als 100 Pflanzen gedeihen nun in Symbiose, und bis auf eine kurze Ruhepause in den Wintermonaten ist eine ganzjährige Ernte möglich.

Die diversen Ideen werden gesammelt. (Foto: cb)
Die diversen Ideen werden gesammelt. (Foto: cb)

Ein besonderes Projekt konnte die Permakultur-Designerin im vergangenen Jahr in Lugano umsetzen. Eine Bank wollte für die Angestellten im Aussenbereich der Dachterrasse einen kleinen Gemüsegarten anlegen. «Zuerst wurde nur von den Kosten und dem Fertigstellungstermin gesprochen. So geht es nicht. Will man ein derartiges Projekt mithilfe der Angestellten verwirklichen, benötigt man Zeit und Arbeit», so Rauer.

Letztendlich war auch der Direktor beim Bepflanzen der Hochbeete mit dabei. Auch ein kleiner Kompost wurde integriert. Die begrünte Terrasse dient den Mitarbeitern nicht nur als Aufenthaltsraum und zur Entspannung beim Gärtnern, sondern liefert auch gesunde Snacks. Zudem wird das Zusammengehörigkeitsgefühl des Teams gefördert. Die Naturerlebnisse liefern auch positive Impulse am Arbeitsplatz.

Überall gebe es Möglichkeiten zu Veränderungen, die dazu beitragen, nachhaltige Ökosysteme zu schaffen, meint Rauer. «Englischer Rasen ist sicher nicht die Zukunft. Natürlich können auch nicht alle Flächen zu Beeten umgestaltet werden. Gute Beispiele sind bereits öffentliche Anlagen, aber auch kleine Bereiche wie Strassenränder oder Vorgärten, die mit Blumenwiesen artenreich gestaltet werden. Das sieht nicht nur hübsch aus, sondern dient als Ernährungsgrundlage und weiterer Lebensraum für viele Arten.»

Pflanzengemeinschaften schützen und stärken sich gegenseitig

Die Permakultur-Gärten benötigen weniger Pflege und Düngung, vor allem keine Chemie, denn die Pflanzengemeinschaften ermöglichen gegenseitige Bereitstellung von Mineralien und Düngestoffen aus natürlichem Stoffwechsel. Der dichte Bewuchs auf verschiedenen Ebenen vermindert die Verdunstung und Austrocknung des Erdreichs. Deshalb muss auch weniger gegossen werden. 

«Anfangs ist es nicht leicht, aber danach sind sie wesentlich pflegeleichter als andere Gärten. Wenn man diesen Kreislauf und die Zusammenhänge verstehen will, muss man die Natur beobachten und nur helfend eingreifen. Doch zuallererst muss die Denkweise der Menschen geändert werden», meint Rauer.

Fachliteratur und persönliche Inputs der Teilnehmer gesammelt als Infoquelle für alle. (Foto:cb)
Fachliteratur und persönliche Inputs der Teilnehmer gesammelt als Infoquelle für alle. (Foto:cb)

Japankäfer auf dem Vormarsch

Ein schöner Käfer bereitet grosse Probleme: Der Japankäfer kann ganze Felder und Plantagen kahlfressen. Und er hat sich bereits im Süden des Tessins etabliert. «Es gibt ihn, und wir müssen damit leben. Aber wir können etwas dagegen tun», sagt Cristina Marazzi, Mitarbeiterin des kantonalen Pflanzenschutzdienstes. Auch einige der anwesenden Gärtner haben ihn bereits zu Gesicht bekommen.

Der Japankäfer, auch Blatthornkäfer (Popillia japonica) genannt, stammt ursprünglich aus Asien und gehört der Familie der Scarabaeidae an. Er ernährt sich unter anderem von Obstgehölzen, Gemüse, Ackerkulturen und holzigen sowie krautigen Zierpflanzen. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde er in die USA verschleppt. In den 70er-Jahren gelangte er wahrscheinlich auf dem Seeweg auf die Azoren. 

Seit 2014 ist seine Präsenz im Piemont und der Lombardei nachgewiesen. Von dort aus gelangte der Japankäfer in den Tessin, wo seit 2015 ein Monitoring erfolgt. Nach einigen Einzel­funden wurde im Sommer 2020 erstmals ein Befallsherd im Mendrisiotto und eine diffuse Verbreitung des Käfers im Scottoceneri nachgewiesen. Trotz grosser Bemühungen sei es nicht gelungen, den Käfer auszurotten und seine weitere Ausbreitung zu verhindern, so die Expertin.

Der Japankäfer ähnelt dem Maikäfer und ist an den seitlichen weissen Haarbüscheln am Hinterteil sowie bräunlichen Flügeldecken zu erkennen. (Foto: Ryan Hodnett, Wikimedia Commons)
Der Japankäfer ähnelt dem Maikäfer und ist an den seitlichen weissen Haarbüscheln am Hinterteil sowie bräunlichen Flügeldecken zu erkennen. (Foto: Ryan Hodnett, Wikimedia Commons)

«Er ist für den Menschen nicht gefährlich, aber für Pflanzen, besonders für die Wein- und Obstkulturen. Deshalb ist er meldepflichtig», betont Cristina Marazzi. Bei Verdacht sollten die Larven ins Labor gebracht werden, die sich im Boden in einer Tiefe von 25 bis 30 Zentimeter entwickeln. Im Sommer schlüpfen die erwachsenen Tiere, und jedes Weibchen legt rund 50 Eier.

Die Anzahl und Meldungen über Funde haben sich seitdem ständig erhöht, besonders der Süden des Kantons ist gefährdet. Weinreben sind am stärksten betroffen, in Gärten auch Rosen, aromatische Pflanzen, Glyzinien oder der Nussbaum. Die Experten haben sich einem europäischen Projekt angeschlossen und zwei lokale Pilotprojekte gestartet. Zur Überwachung wurden Lockstofffallen aufgestellt. Rund vier Kilometer pro Jahr breiten sich demnach die Käfer aus, weniger als in Vergleichsgebieten.

Schwierige Bekämpfungsmassnahmen

Um eine effiziente Methode zur Bekämpfung zu finden, sollen künftig mehr und günstigere Fallen aufgestellt werden, die alle zwei Wochen geleert werden. Mendrisio, Marcote, Novazzano und Stabio sind die Orte mit besonders grossen Problemen. «Dieses Jahr scheint laut Auswertungen die Population konstant geblieben zu sein. Das ist bereits ein grosser Erfolg. Es muss noch viel Aufklärung betrieben werden», so Marazzi.

Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung des Käfers sind in der Schweiz nicht zugelassen. Es laufen aber Versuche zu biologischen Bekämpfungsmethoden mit entomopathogenen Pilzen, welche die Engelinge parasitieren. Zum Schutz gegen die Ausbreitung von Popillia japonica wurde 2022 eine Verfügung erlassen, die unter anderem die Vorgehensweise beim Transport von biologischem Material aus der Zone regelt. Doch eine Kontrolle ist schwer, denn vor allem der passive Transport in Töpfen, Erde, Kleidung oder mit dem Auto kann kaum überwacht werden.

Alternative zum Kiesbett: Die Drainagerohre sind werkseitig bereits mit Geotextil-Filter-Holzwolle ummantelt. Die Elemente sind leicht und lassen sich einfach verlegen. (Foto: Lindner Suisse)
Alternative zum Kiesbett: Die Drainagerohre sind werkseitig bereits mit Geotextil-Filter-Holzwolle ummantelt. Die Elemente sind leicht und lassen sich einfach verlegen. (Foto: Lindner Suisse)

Holz statt Kies und Beton

Der Einsatz von Holzwolle im Garten- und Landschaftsbau ist nichts Neues, die Produkte des Wattwiler Unternehmens Lindner Suisse aber besonders. Aus zertifiziertem Schweizer Holz werden unter anderem Spezialprodukte für Infrastruktur-, Garten- und Landschafts- und den Wasserbau angeboten. 

So beispielsweise «Drenoroll»: Die vorgefertigten Segmente bestehen aus einem gelochten Rohr, das mit spezieller Filter-Holzwolle umgeben ist. Die Drainage kann einfach und schnell, ohne Kiesbett verlegt werden, ist anpassungsfähig, mit geringem Gewicht und besitzt gute Filtereigenschaften. Da der Erdaushub reduziert werden kann, sind auch weniger Eingriffe ins Ökosystem nötig und dadurch ein höherer Landschaftsschutz möglich.

Auch die Erosionsschutz- und Abdeckvliese zur Hang- und Böschungssicherung bestehen aus Schweizer Buchenholz. Luigi Meier und Kevin Rückmar gaben Auskunft zur Verlegung und Befestigung der Vliese im hängigen Gelände oder als Uferbefestigung. Das natürliche Material optimiert das Mikroklima und die Wasserspeicherkapazität der zu begrünenden Fläche. Das geringe Gewicht erleichtert die Verlegung. Die Vliese können auch als temporäre Abdeckung genutzt werden. Zur Hangstabilisierung und Ufersicherung bieten sich auch «Howolis Q-Faschine» an. Durch ihre gute Formbarkeit können sie der Geländeform angepasst werden. Sie sind eine natürliche Alternative zu Beton und Stahl.

Die nächste G on tour findet voraussichtlich im Herbst 2024 statt.

Die Erosionsschutzvliese werden in acht Typen angeboten. Sie sind einfach zu verlegen, stabilisieren hängiges Gelände und ermöglichen ein ideales Mikroklima. Da das Vlies nur Naturfasern enthält, muss es auch bei eventuellem Rückbau nicht vom Aushub getrennt werden. (Foto: Lindner Suisse)
Die Erosionsschutzvliese werden in acht Typen angeboten. Sie sind einfach zu verlegen, stabilisieren hängiges Gelände und ermöglichen ein ideales Mikroklima. Da das Vlies nur Naturfasern enthält, muss es auch bei eventuellem Rückbau nicht vom Aushub getrennt werden. (Foto: Lindner Suisse)

Kurznachrichten

Wir gratulieren

7. Mai

Freimitglied Hansruedi Linder

Bahnhofstrasse 19
3612 Steffisburg

zum 90.Geburtstag


28. Mai 2024

Andreas Graf
Schönburgstrasse 48
3013 Bern

zum 70. Geburtstag


Wir trauern um


Mitglied Jacques Hug-Aerne 

Chännelstrasse 5
8157 Dielsdorf 

gestorben am 7. Mai 2024 

im Alter von 83 Jahren.




Der Unternehmerverband Gärtner Schweiz JardinSuisse spricht den Angehörigen seine aufrichtige Anteilnahme aus.

Neu in den Verband JardinSuisse aufgenommen wurden


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Fabian Niederhauser

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3238 Gals 



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