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Kolonialisierung in der Pflanzenwelt ablesbar

Eigentlich unglaublich: Bis heute kann man an der Flora in ehemaligen Kolonien sehen, aus welcher Region die europäischen Siedler in diesen Gebieten stammten. Denn die Kolonialherren brachten neben vielem anderen auch Pflanzen in die «neue Welt» mit. Ihr Tun hat bis heute Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Lebensgrundlagen der Menschen, die dort wohnen.

Eigentlich unglaublich: Bis heute kann man an der Flora in ehemaligen Kolonien sehen, aus welcher Region die europäischen Siedler in diesen Gebieten stammten. Denn die Kolonialherren brachten neben vielem anderen auch Pflanzen in die «neue Welt» mit. Ihr Tun hat bis heute Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Lebensgrundlagen der Menschen, die dort wohnen.
Die europäischen Kolonialmächte holten Pflanzen vor allem aus wirtschaftlichen Gründen in ihre neuen Herrschaftsgebiete, um vor Ort Nahrung oder Futtermittel zu produzieren. An Bord der Schiffe wurden jedoch auch Zierpflanzen aus der alten Heimat mitgebracht, die man am neuen Ort vermisste. Mit der Zeit verbreitete sich die gebietsfremde Flora dann von selbst immer weiter. Biodiversitätsforscher Bernd Lenzner von der Universität Wien erklärt ein spannendes Detail: «Die restriktive Handelspolitik der europäischen Kolonialmächte sorgte dafür, dass Pflanzen vor allem zwischen Regionen gehandelt wurden, die von derselben Macht besetzt waren. Entsprechend waren die ausgetauschten Pflanzenarten weitgehend auf die jeweiligen Herrschaftsgebiete beschränkt.»
Daher ähnelt sich die Flora von Regionen, die unter derselben Kolonialmacht standen, stärker untereinander als jene der Regionen ausserhalb dieses Herrschaftsgebietes. Lenzner: «Dieser Prozess verstärkte sich mit der Dauer der Besetzung.» Handelspolitik war also nachweislich ein bedeutender Faktor bei der Ansiedlung fremder Arten.
«Es ist wichtig, die Vergangenheit zu verstehen, um daraus Lehren für unsere Zukunft zu ziehen. Wir wussten, dass es Jahrzehnte dauern kann, bis sich gebietsfremde Arten in einer Region, in die sie eingeführt wurden, etablieren und ausbreiten, und dass dieser Prozess oft mit erheblicher Verzögerung abläuft», sagt Franz Essl, einer der Autoren der Studie. Als Beispiel nennen die Wissenschaftler die Robinie (Robinia pseudocacia), die ursprünglich aus Nordamerika stammt. Durch die europäischen Siedler ist diese Baumart heute auf allen Kontinenten zu finden.
«Es ist jedoch bemerkenswert, dass wir solche Hinterlassenschaften noch mehrere Jahrzehnte, manchmal sogar Jahrhunderte nach dem Zusammenbruch europäischer Kolonialreiche feststellen können. Das zeigt, dass wir sehr vorsichtig und bewusst mit den Pflanzenarten umgehen müssen, die wir um die Welt transportieren, da sie wahrscheinlich dauerhafte Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Lebensgrundlagen der Menschen bis weit in die Zukunft hinein haben werden.»

Originalpublikation: «Naturalized alien floras still carry the legacy of European colonialism», erschienen in Nature Ecology and Evolution.


Text und Foto: Alexandra von Ascheraden


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