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Andere Bestäuber als vor 120 Jahren

Pflanzen und ihre Bestäuber sind in einem ausgeklügelten Netzwerk miteinander verwoben. Es gibt jedoch kaum Untersuchungen, die das Zusammenspiel über lange Zeiträume hinweg beobachten. Das macht 120 Jahre alte Daten aus Finnland so spannend, die sich jetzt ein Zusammenschluss deutscher Forscherinnen vorgenommen hat. Zwischen 1895 und 1900 hatte der Förster Frans Silén in der Umgebung des Dorfes Kittilä, das etwa 120 Kilometer nördlich des Polarkreises liegt, systematisch erfasst, welche Insekten in welcher Häufigkeit welche Blüten besuchten.

Nur sieben Prozent noch gleich

Um vergleichbare aktuelle Daten erheben zu können, mussten die Forscherinnen die Orte wiederfinden, die der Förster untersucht hatte. Das Gebiet ist nach wie vor dünn besiedelt, und an der Landnutzung hat sich wenig geändert. Der Klimawandel aber ist auch dort deutlich zu spüren. Und das hatte offenbar Konsequenzen, wie sie in Nature Ecology & Evolution schreiben.
Nur bei sieben Prozent der beobachteten Blütenbesuche waren damals wie heute dieselben Arten von Insekten und Pflanzen beteiligt. Heute zeigen sich deutlich weniger Schwebfliegen und Nachtfalter. Ausgerechnet in diesen beiden Gruppen gibt es einige besonders effektive Bestäuber. Die Hummel-Waldschwebfliege Volucella bombylans etwa war zu Zeiten des Försters eine der eifrigsten Blütenbesucherinnen an der Arktischen Brombeere Rubus arcticus und am Wald-Storchschnabel Geranium sylvaticum. Sie ist derart haarig, dass sie besonders gut Pollen von Blüte zu Blüte tragen kann. Die Prachtnelke Dianthus superbus und das Taubenkropf-Leimkraut Silene vulgaris wiederum, bei denen der Nektar tief im Blütengrund sitzt, wurden zu Siléns Zeiten häufig von Nachtfaltern aufgesucht.

Spezialisten rar

Heute tummeln sich an den Blüten um Kittilä vor allem Hummeln und Fliegen. Die anderen Arten sind seltener geworden. Spezialisierte Arten nahmen ab und Generalisten stark zu. Letztere sind robuster gegen Umweltveränderungen. Dafür tragen sie Pollen aller möglichen Pflanzenarten auf die besuchten Blüten und bestäuben sie entsprechend weniger effektiv als Spezialisten. Grund zur Panik sehen die Forscherinnen noch nicht: «Bisher scheint das Bestäuber-Netzwerk in unserem Untersuchungsgebiet trotzdem noch gut zu funktionieren», stellt Leana Zoller dar, die an der Studie beteiligt war. «Es gibt bislang keine Hinweise darauf, dass die Pflanzen heute zu wenig Pollen bekommen und sich deshalb schlechter fortpflanzen können.» Das könne sich aber ändern. Weiter im Norden, in der Hoch-Arktis, hat eine Studie bereits einen massiven Fliegen-Schwund dokumentiert. «Wenn das in unserem Untersuchungsgebiet auch passiert, kann das zum Problem werden», so Zoller.

Text: Alexandra von Ascheraden, Foto: Pixabay / Krzysztof Niewolny



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