04.09.2025
Die Verbreitungsgebiete von Waldpflanzen verschieben sich. Zahlreiche Pflanzenarten bewegen sich im Zug der Klimaerwärmung in höhere Lagen, sodass sich auch die Baumgrenze verschiebt. Es gibt aber auch andere Faktoren, die zur Wanderung beitragen.
Die Verbreitungsgebiete von Waldpflanzen verschieben sich. Zahlreiche Pflanzenarten bewegen sich im Zug der Klimaerwärmung in höhere Lagen, sodass sich auch die Baumgrenze verschiebt. Andere wandern in Richtung der Pole. Das ist mittlerweile gut dokumentiert.
Es gibt aber auch andere Faktoren, die zur Wanderung beitragen. Etwa der Stickstoffeintrag. Dieser ist noch deutlich weniger untersucht. Eine Forschendengruppe hat nun 3000 Vegetationsflächen in europäischen Wäldern der gemässigten Zone daraufhin untersucht, ob sich die Vorkommen von Pflanzenarten im Unterholz während der letzten Jahrzehnte verschoben haben. Standorte von 266 europäischen Waldpflanzenarten wurden dafür über lange Zeiträume analysiert. Die ältesten Messdaten stammten aus dem Jahr 1933.
Wanderung wegen Luftverschmutzung
Es zeigte sich eine klare Tendenz: Wenn die Stickstoffbelastung etwa durch die Luftverschmutzung hoch war, wanderten diese Pflanzen nach Westen oder nach Norden. Für die Forschenden überraschend war das Ergebnis, dass es deutlich wahrscheinlicher war, dass sich Pflanzenarten nach Westen verschoben als nach Norden. Beachtliche 39 Prozent der Pflanzenarten verlagerten sich nach Westen, nur 15 Prozent Richtung Norden.
Die Westwanderung sorgt für eine rasche Ausbreitung stickstofftoleranter Pflanzenarten vor allem aus Osteuropa in Richtung Westen. Wie so oft ziehen vor allem hoch spezialisierte Pflanzenarten den Kürzeren gegenüber konkurrenzstarken. Arten, die in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet eine höhere Stickstoffbelastung erfuhren, starben häufiger aus und etablierten sich weniger in neuen Lebensräumen, schreiben die Forschenden.
3,6 Kilometer pro Jahr
Die Europäischen Waldpflanzen verschieben ihr Verbreitungsgebiet mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 3,6 Kilometern pro Jahr. Der Wald-Sauerklee (Oxalis actosella, Foto unten) kommt jährlich etwa fünf Kilometer Richtung Westen voran, aber nur 100 Meter nach Norden.
Ingmar Staude, Wissenschaftler bei «iDiv» und an der Universität Leipzig, fasst zusammen: «Wir können die meisten Arealverschiebungen europäischer Waldpflanzen in den vergangenen Jahrzehnten auf die Stickstoffeinträge zurückführen.» Nur in geringerem Masse seien sie der Klimaerwärmung geschuldet. Dies werfe die Frage auf: «Wie können sich Ökosysteme an steigende Temperaturen anpassen, während die Verschiebungen der Artenvielfalt hauptsächlich durch andere Umweltveränderungen, insbesondere die Luftverschmutzung, verursacht werden?» Es sei wichtig, die komplexen Wechselwirkungen besser zu untersuchen, um biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen schützen zu können.
Alexandra von Ascheraden
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